Offenheit und Ehrlichkeit sind gefragt

Ich plädiere ganz klar für einen Fingerzeig! Sprechen Sie das, was die Person jetzt gleich – oder auch in Zukunft – besser machen kann, kurz und bündig an. Reden Sie freundlich Klartext. Nur wenn jemand an der Misslichkeit gerade nichts ändern kann, etwa wenn ein Fleck auf der Bluse oder die Rocknaht eingerissen ist, ist Ignorieren besser. Meist kann jedoch unmittelbar etwas unternommen werden: Essensreste zwischen den Zähnen oder ein verschmierter Lippenstift lassen sich schnell beheben. Bleibt das Malheur hingegen unkommentiert, wird sich die betroffene Person früher oder später fragen, warum niemand helfend eingegriffen hat und wie lange es wohl schon besteht. Vielleicht muss die Person im Laufe des Tages noch zu einer Besprechung oder einem anderen wichtigen Termin. Dann ist es ein Gebot der Fairness, sie oder ihn vor noch peinlicheren Situationen zu bewahren. Generell sollte gelten: Versetzen Sie sich in andere Menschen hinein. Wie würde es Ihnen selbst gehen, wenn Sie abends Dinge an sich entdecken, die Sie schnell hätten beheben können – nur hat Sie niemand darauf hingewiesen?

 

Diskret ansprechen

Das Hinweisen auf das Malheur sollte direkt aber diskret ablaufen. Beim offenen Hosenladen beispielsweise kann man durchaus sagen: „Ihr Reißverschluss ist offen“, bei sichtbarem Ohrenschmalz könnte man anmerken: „Sie haben da etwas im linken Ohr“. Üben Sie sich auch in Humor, wenn die Situation dies erlaubt: „Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass an einem Ihrer Zähne etwas Grünliches schimmert? Diese Farbe steht Ihnen aber ansonsten nicht schlecht.“ Bei unangenehmen Körpergerüchen sollten Sie erkunden, ob nicht vielleicht ein medizinischer Befund hinter den Ausdünstungen steckt. Falls nicht, könnten Sie sensibel Anti-Müffel-Tipps geben. Möglich ist zum Beispiel, einen Freund zu erfinden, der das Problem auch hatte und zu schildern, wie er es mit konsequenter Körperpflege und einem bestimmten schweißhemmenden Deo löste. Konkret lässt sich dies so formulieren: „Ich möchte Ihnen gern etwas in Ihrem eigenen Interesse sagen. Ihr Deo scheint nicht sehr wirksam zu sein. Vielleicht probieren Sie einmal ein anderes aus?“

 

Unter allen Umständen respektvoll bleiben

Bei diesen schambesetzten Themen gibt es eine oberste Regel: Bleiben Sie grundsätzlich wertschätzend, menschlich und empathisch. Das ist zugegeben nicht immer einfach, besonders, wenn Sie z. B. der Schweißgeruch bei einer Kundin schon an zwei vorhergegangenen Terminen genervt hat. Nur sollten Sie beachten: Die müffelnde Kundin (und auch diejenige mit der Überdosis Parfüm) nimmt sich nicht als solche wahr. Das ist so eine Art blinder Fleck in der Selbstwahrnehmung des Menschen. Deshalb wird er aus eigenem Antrieb auch nichts an seinem Verhalten oder Auftreten ändern. So könnten Sie formulieren: „Dieses Gespräch fällt mir schwer, jedoch …“ oder: „Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber…“, bzw.: „Es ist Ihnen wahrscheinlich gar nicht aufgefallen, dass ...“ Bieten Sie gegebenenfalls Hilfestellung an: „Soll ich mich nach einem geeigneten Präparat umhören?" Lassen Sie Ihr Gegenüber wissen und spüren, dass Sie auf seiner Seite sind, denn genau deswegen haben Sie sich schließlich überwunden, das unangenehme Thema anzusprechen. Stehen Sie zu Ihren Worten. Andersherum sollte es auch Sie selbst misstrauisch machen, wenn Sie des Öfteren Pfefferminz angeboten bekommen. Schlechter Atem kann sehr unterschiedliche Ursachen haben: medizinische Gründe, Stress, Diäten, mangelnde Mundpflege. Auch schlecht eingestellte Diabetiker neigen zu Mundgeruch. Wie schön, wenn unser Gegenüber – und auch wir selbst – einen gut gemeinten Rat annehmen: „Vielen Dank für den Tipp. Ich habe das gar nicht gemerkt.“ Je verkrampfter wir reagieren, desto schlimmer sind die Ergebnisse.

 

Garbiele Egerer-Heuzeroth ist seit 1993 selbständig und Inhaberin und Gründerin des renommierten Kosmetikinstituts von „Creme Fresh“, nahm erfolgreiche an diversen Meisterschaften teil und ist zudem Ausbilderin und Beauty Coach.

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